LRS

LRS - Leitfaden

Ursachen:

In der Diskussion um Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten kursieren zahlreiche, teils differente Vorstellungen. Einige Autoren definieren LRS als besondere Schwäche mit Krankheitscharakter und spezifischen Ursachen, andere wiederum Negieren das Phänomen gänzlich.
Bei der Interpretation von solch gegenläufigen Forschungsdaten haben Schulen es oft schwer, nicht in ideologieträchtige Dispute zu verfallen. Ursachen für Schwierigkeiten beim Lesen und/oder Schreiben sind vielfältig. Bei einem Teil der Schüler fehlt einfach die Übung. Viele Schüler schreiben im Gegensatz zu früher keine Briefe und lesen keine Bücher mehr, weil ihnen Handy, Computerspiele und Fernseher einen kommunikativen Ersatz bieten. Da sie dadurch Lese- und Schreibfertigkeiten weniger gebrauchen, reagieren sie auf die entsprechenden schulischen Anforderungen mit einer gewissen Nachlässigkeit. Es gibt aber auch eine Schülergruppe, deren Schwierigkeiten auf einer Lernstörung oder Entwicklungsverzögerung beruht. Diese „Schwäche“ kann eine auf medizinischen Gründen beruhende Teilleistungsstörung von sonst normal begabten Schülern sein oder es kann ein sehr komplexes Feld an Ursachen für einen gestörten oder verzögerten Schriftspracherwerb vorliegen.
Auch schulische Faktoren haben ihren Einfluss auf die Entstehung von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten, wenn z. B. Unterrichtskonzepte individuelle Förder-bedürfnisse nicht abdecken oder individuelles Lerntempo nicht zulassen.
So gibt es selten die eine Ursache für Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten, fast immer kommen mehrere Faktoren zusammen, wobei die verschiedenen Faktoren bei jedem Kind anders gelagert sind.

Kernaussagen der VwV v. 22.8.08

- LRS-Förderung ist eine Pflichtaufgabe der Schule,
- individuelle Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen bestimmen den Unterricht
- Lernstandsdiagnosen, Elternberatung, Durchführung von Fördermaßnahmen sind
Aufgaben der Schule
Wenn sich die Schwierigkeiten des Kindes beim Lesen und/oder Schreien trotz aller
Maßnahmen nicht bessern, werden auf einer Klassenkonferenz weitere Maßnahmen beraten,
z. B. zurückhaltende Entwicklung der Note im Lesen und Rechtschreiben, Anmeldung in einer
LRS-Klasse oder LRS-Ambulanz oder Einschaltung des sonderpädagogischen Dienstes.

Alarmzeichen für LRS

Einzelne „Symptome“ können Hinweise auf LRS sein, müssen es aber nicht.
Im Folgenden eine Zusammenstellung häufig auftretender Erscheinungsbilder:

… ab Klasse 1:

• Laute in einem Wort werden nicht gehört oder anders gesprochen.
• Die Stellung des Lautes im Wort kann nicht bestimmt werden.
• Wörter können nicht in Silben zerlegt werden.
• Geübte Buchstaben werden nicht sicher wieder erkannt.
• Laute und Buchstaben werden nicht sicher zugeordnet.
• Ende Klasse 1 können auch einfache Wörter nicht lautgetreu
• aufgeschrieben werden.
• Das Zusammenlauten (Synthese) mehrerer Buchstaben gelingt nur
schwer oder gar nicht.

… ab Klasse 2:

• Beim Lesen werden Wörter und Wortteile ausgelassen, ersetzt, verdreht
• oder hinzugefügt.
• Das Lesetempo ist sehr langsam.
• Hörbare Buchstaben werden beim Schreiben oft ausgelassen.
• Für Wortarten wird kein Gespür entwickelt.

… ab Klasse 3:

• Die Groß- und Kleinschreibung kann nicht umgesetzt werden.
• Wort- und Satzgrenzen werden oft nicht erkannt.
• Unterschiede zwischen lang und kurz gesprochenen Selbstlauten werden
nicht gehört.
• Die lautgetreue Schreibung überwiegt, Rechtschreibregeln können nicht
übernommen werden.
• Das gleiche Wort wird oft auf verschiedene Weise falsch geschrieben.
• Ungenaues Lesen.
• Zu geringe Lesegeschwindigkeit.
• Langes Verharren im gleichen Fehlermuster.

(Text wurde von der Website des SSA Offenburg übernommen)

LRS (Legasthenie) - Verständnis

Was ist Legasthenie?

Zu Beginn der Legasthenieforschung sprach man von Funktionsschwächen und versuchte diese durch bestimmte Übungen zu bessern oder zu beheben. Heute spricht man von Teilleistungsschwächen. Teilleistungsschwächen finden sich in den Voraussetzungen in Wahrnehmung und Motorik und im Zusammenspiel von Wahrnehmung und Motorik, die das
Lesen-, Schreiben- und Rechtschreibenlernen erst ermöglichen. Die Teilleistungsschwächen, die legasthenen Kindern das Erlernen des Lesens und Schreibens erschweren, fallen im Vorschulalter kaum auf. Deshalb trifft die Kinder dann schulisches Versagen um so härter und führt rasch zu einer allgemeinen Entmutigung. Dann können auch bessere Leistungsmöglichkeiten des Kindes in der Schule nicht mehr erkannt werden. Bei intakten Wahrnehmungsfunktionen und ungestörter Motorik werden die Informationen aus der mUmwelt - gleichgültig ob man sie hört, sieht, riecht, ertastet oder fühlt - ungestört aufgenommen
und verarbeitet. Die Aufgabenlösung wird dann den intellektuellen Fähigkeiten entsprechend erfolgen. Die Informationen aus der Umwelt gelangen über die verschiedenen Wahrnehmungskanäle in das Gehirn. Im Gehirn werden diese Informationen denkend verarbeitet und abgespeichert, das abgespeicherte Wissen kann auch wieder abgerufen werden, wenn es für die Verarbeitung von neuen Informationen benötigt wird. Das Ergebnis der Überlegungen bzw. die Aufgabenlösungen gelangen in
mündlicher oder schriftlicher Form wieder in die Umwelt durch die Motorik und Sprache.Prof. Dr. Helmut Breuer und Dr. Maria Weuffen haben herausgefunden, welche Fertigkeiten für das Lesen und Schreibenlernen Voraussetzung sind: die optische Differenzierungsfähigkeit als Fähigkeit zum richtigen Erfassen und zur Unterscheidung optisch ähnlicher Zeichen die phonematische Differenzierungsfähigkeit als Fähigkeit Laute innerhalb eines Wortes beim inneren Sprechen genau
herauszuhören, damit das gesprochene Wort korrekt in Schrift umgesetzt werden kann: Die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit hat mit der inneren Wahrnehmung der Artikulationsbewegungen zu tun; sie ist Voraussetzung für korrekte Aussprache und stützt die phonematische Differenzierungsfähigkeit.
die melodische Differenzierungsfähigkeit als Fähigkeit die Sprachmelodie für das Verstehen von Sprache zu nutzen: "Der Ton macht die Musik" die rhythmische Differenzierungsfähigkeit als Fähigkeit Sätze in Bedeutungseinheiten, Wörter in Silben zu gliedern: Auch bei der Zeichensetzung wirkt sich die rhythmische Differenzierungsfähigkeit aus. Im Falle von Teilleistungsschwächen kann der gestörte oder beeinträchtigte Wahrnehmungskanal das Gehirn nicht mit der nötigen
Information versorgen. Bei einer Wahrnehmungsschwäche im auditiven Bereich ist es dem Kind beispielsweise nicht möglich, die kurzen Vokale "a - o" oder "e - i" zu unterscheiden. Ebenso geht es ihm mit den Konsonanten "g - k", "b - p", "d - t">. Diese Schwierigkeit fällt oft erst Ende des zweiten oder im dritten Schuljahr auf, weil dann auch ungeübte Wörter geschrieben werden. Bei einer auditiven Wahrnehmungsschwäche kommt es zu Fehlern wie: "tom (Turm)", "Pensel (Pinsel)", "Brele (Brille)", "Fane (Pfanne)". Das hat aber nichts mit mangelnder Intelligenz oder gar mit Faulheit zu tun, sondern es ist die Folge der auditiven Schwäche. Bei der Untersuchung durch den Ohrenarzt hört das Kind oftmals wie ein Luchs. Das bezieht sich aber auf die Prüfung des äußeren Gehörs mit Sinustönen. Die auditiven Schwächen sind Schwächen der zentralen Hörverarbeitung (zentrale Fehlhörigkeit), die erst bei der Durchführung des so genannten Feldmanntests erkannt werden können.
Beim Rechtschreiben fallen diese Schwächen eher auf als beim Lesen. Beim Lesen ist es leichter möglich ein Wort aus dem
Sinnzusammenhang des Textes zu erraten. Wenn das Kind das Wort aber niederschreiben soll, ist es auf seine eigene Artikulation angewiesen, die ihm wegen der auditiven Wahrnehmungsschwächen keine sichere Entscheidungshilfe gibt.
Bei einer visuellen Teilleistungsschwäche kann das Kind z.B. die ähnlichen Buchstaben "f - t", "m - n", "h - k" nicht unterscheiden. Die Wörter "im" und "in" erscheinen ihm völlig gleich. Eine andere Form visueller Teilleistungsschwächen sind die Raumlagefehler: Das Kind kann z.B. "b - d" nicht unterscheiden. Eine dritte Form sind Fehler der Reihenfolge: "Kamle (Kamel)", "Korkodil (Krokodil)". Solche Fehler stören auch weniger beim Lesen, weil das Kind aus dem Textzusammenhang versteht, welches Wort gemeint ist. Beim Rechtschreiben allerdings wirken diese Fehler sich sehr stark aus.Nicht nur Teilleistungsschwächen, sondern auch unerkannte Hörbehinderungen und Sehfehler können die Ursache sein, dass das Erlernen
des Lesens und Schreibens in der Schule besondere Schwierigkeiten bereiten. Deshalb sollten Lehrer es sich zur Regel machen, Eltern mit einem Kind, das Schulschwierigkeiten hat, zu aller erst zum Augen- und Ohrenarzt zu schicken. Alle Fehler, die auf
Wahrnehmungsschwächen beruhen, werden in höheren Schuljahren nur noch selten vorkommen, weil der Schüler gelernt hat zu
kompensieren.Bei allen Bemühungen legasthenen Kindern Erleichterungen beim Lesenlernen und beim Lesen zu verschaffen, darf nicht vergessen werden, dass es unterschiedliche Erscheinungsbilder und unterschiedliche Kombinationen von Teilleistungsschwächen gibt. In der Regel haben selbst zentral fehlhörige Kinder weitere Teilleistungsschwächen in anderen Wahrnehmungsbereichen, wie z.B. die Tendenz Buchstaben zu spiegeln oder feinmotorische Probleme, die sich beim Schreiben und Sprechen bemerkbar machen. Auch wenn die neueren Forschungsergebnisse möglicherweise zu Trainingsmethoden führen werden, die schon in den Verarbeitungskanälen der Wahrnehmung ansetzen, muss aber nach wie vor betont werden: Legasthenie ist nicht heilbar!Alle Hilfen laufen letzlich darauf hinaus das Lesen und Schreiben in Teilbereichen und langsamer als bei problemlos lernenden Kindern kompensatorisch aufzubauen. Auch erwachsene Legastheniker lesen in der Regel langsamer als nichtbetroffene Erwachsene.Damit die Kinder rechtzeitig, d.h. vor nachhaltigen Misserfolgen in der Schule Strategien finden um ihre individuellen Schwächen zu kompensieren, müssen ihre Schwierigkeiten bereits im ersten Schuljahr erkannt werden.

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